ABER KOMPANY DROHT EIN "PROBLEM": DIE WILDE WELT DES FC BAYERN FäRBT SICH ROSAROT

Beim FC Bayern ist alles in bester Ordnung. Unter dem neuen Trainer Vincent Kompany läuft es derzeit blendend. Auch um Torhüter Manuel Neuer scheint es nicht so schlimm zu sehen, wie zunächst befürchtet. Aber gibt es womöglich bald Luxusprobleme?

Beim FC Bayern, so schrieb es die "Süddeutsche Zeitung" gerade erst, sind nun die "Alle-lieben-Vinnie"-Tage angebrochen. Der Klub aus München, der sich in den vergangenen Jahren so oft schütteln musste, um sich von all dem Ballast, der auf ihm lastete, zu befreien, fliegt derzeit beschwingt von Wolke zu Wolke. Und die Welt an der Säbener Straße wird mit jedem Spiel ein bisschen rosaroter. Mit jedem Spiel verliebt sich der FC Bayern ein kleines bisschen mehr in seinen Trainer, der ja erst Kandidat wurde, als alle andere Kandidaten nicht konnten oder wollten. Wenn das Wort "schockverliebt" nicht schon für Thomas Tuchel reserviert wäre, man könnte es nutzen.

Aber an die Tuchel-Tage möchten sie in München nicht zurückdenken. Das hatte Klub-Patriarch Uli Hoeneß ja in mehreren Interviews bereits deutlich gemacht. Nun ist die Zeit von Vincent Kompany und es ist bislang eine gute Zeit. Ihm kommt entgegen, ohne jeden Vorwurf, dass sie von einem rücksichtsvollen Spielplan flankiert ist. Im Pokal wartete der SSV Ulm 1846, in der Bundesliga ging es gegen Wolfsburg, Freiburg und Kiel. All das sind noch nicht die größten Kaliber gewesen. Nicht jene Mannschaften, in deren Kreis sich der FC Bayern selbst sieht. Und auch Dinamo Zagreb gehört nicht dazu. Am ersten Spieltag der neuen Champions League wurden die Kroaten in der Münchner Allianz Arena auf schmerzhafteste Weise verprügelt, gingen mit einem 2:9 nach Hause.

Bayern droht kurz der Hammer-K.-o.

Kurz nur, für ein paar Minuten, waren sie drauf und dran, etwas Unmögliches möglich zu machen. Zur Pause führte der FC Bayern mit 3:0, ließ aber Torwart Manuel Neuer in der Kabine. Der war schon früh im Spiel hart und aus großer Höhe auf den Boden aufgeschlagen. Kompany wollte den Keeper schonen, dass der sich ernsthaft verletzt hatte, glaubt der belgische Trainer nicht. Das sagte er nach dem Schlusspfiff. Neuer selbst sagte spät in der Nacht noch: "Nichts Gravierendes, also eine Kleinigkeit." Durch den Sturz sei die Statik im Körper nicht mehr gut gewesen. Danach habe er ein paar Bälle geschlagen und im Oberschenkel etwas gespürt. Schon während einer Spielunterbrechung sprach er mit Bayerns Teamarzt.

Vertreter Sven Ulreich übernahm und plötzlich stand es 2:3. Die Kroaten wussten nicht, wie ihnen geschah. Und die Bayern ebenfalls nicht. Ulreich verhinderte sogar noch das 3:3. Das hätte alles auf den Kopf gestellt. Denn die Münchner waren haushoch überlegen gewesen, die Gäste hatten nichts auf die Kette bekommen. Es ging immer nur in eine Richtung. In höchstem Tempo. Mit großer Freude und einer unbändigen Gier. Die lobte etwa Thomas Müller schon vor dem Spiel: "Wir arbeiten an den richtigen Dingen, vor allem auch mit der richtigen Mentalität. Anders geht es auch nicht, jeder im Kader ist gefordert und so wirkt es auch aktuell."

"Ich habe die Tore nicht geschossen, das haben sie gemacht"

Nach einem kleinen Schüttler nach dem Schreck ging es dann auch weiter wie zuvor. Bayern drückte, Bayern drängte und erzielte Tor um Tor. "Es freut mich für die Jungs. Ich habe die Tore nicht geschossen, das haben sie gemacht. Trotz der zwei Gegentore, sind wir ruhig geblieben, das war gut", lobte Kompany. "Aber natürlich darf uns das so nicht passieren. Was für mich wirklich wichtig ist, dass wir beispielsweise einen Harry Kane haben, der am eigenen Strafraum grätscht und elf Spieler auf dem Feld hatten, die bis zum Schluss zurück arbeiten."

Der gelobte Harry Kane traf vierfach, dreimal per Elfmeter. Neuzugang Michael Olise erzielte zwei Tore. Am Ende durften auch noch Leroy Sané und, Obacht, Leon Goretzka jubeln. Der Nationalspieler außer Dienst hätte den Klub im Sommer eigentlich verlassen sollen. So hatten sich das die Bosse vorgestellt. Aber Goretzka wollte nicht, glaubte daran, die Dinge wieder in seine Richtung drehen zu können. Bislang gelang das nicht. Zuletzt schaffte er es nicht mal mehr in den Kader. Und womöglich wäre es wieder so gekommen, hätte sich der große Pechvogel Sacha Boey nicht zu den verletzten Kollegen Hiroki Ito und Josip Stanisic gesellt.

Auf den Flügeln wird's langsam eng

Nun war er da und bekam ein paar Minuten geschenkt. Wie auch Abwehrmann Eric Dier, ebenfalls ein Verlierer des Trainerwechsels. Goretzka nutzte seine kurze Zeit ab der 81. Minute und warb für sich. Sein Treffer war sehr sehenswert, ein wuchtiger Flugkopfball. Ob das für mehr reicht? Kompany, ganz Diplomat im Trainingsanzug, sagte, dass Goretzka sich anbiete, es gut mache. "Ich finde nicht, dass Leon Goretzka als einer der Verlierer der ersten Spiele gilt. Er ist wichtig für uns, hat eine wichtige Rolle in der Mannschaft und wird auch in der Saison wichtig für uns werden." Mehr nichts versprechendes Lob ist kaum möglich.

Unmittelbar vor Goretzka hatte Sané getroffen, der nach seiner Verletzung auch wieder ins Team möchte. Dort aber glänzt und kämpft der höchst talentierte Olise um immer mehr Aufmerksamkeit und Anteile. Die anderen Konkurrenten heißen Serge Gnabry und Kingsley Coman. Und im Zweifel auch noch Jamal Musiala, der in der Offensive ja alles spielen kann und vorerst im Zentrum seine Freiheiten genießt.

Kein Kompany-Fußball, sondern Bayern-Fußball

Sein Herausforderer dort heißt Thomas Müller, der neue Rekordmann in der Champions League. Eine Bestmarke nach der nächsten frisst der hauseigene Radiosender, dessen Sendezeit aber mehr und mehr schwindet. Aber wie oft hat man diesen Müller schon zu früh auf die Seite gepackt? Der 34-Jährige jedenfalls hat für den FC Bayern nun 152 Spiele in der Champions League absolviert und damit die Bestmarke, die er bislang zusammen mit Xavi Hernandez vom FC Barcelona hielt, überboten. Daran dürfte er freilich weniger Interesse haben, als an Spielzeit. Dass er gerne und immer spielen würden, hatte er auch in der Vergangenheit häufig betont.

Nun liegt's an Vinnie, die Dinge zu managen. Bislang, so heißt es in München, macht er das gut. Sehr gut sogar. Schockverliebt sind sie eben doch. Auch wegen der Bescheidenheit des neuen Mannes, der erst so spät ein Mann für den FC Bayern geworden war. "Es ist ein guter Start. Wir spielen keinen Kompany-Fußball, es ist Bayern-Fußball. Ich bin Trainer und habe immer diese positive Ausstrahlung, aber natürlich bin ich nie total zufrieden. Wir können auch alles gewinnen, diese Einstellung wird bei mir so bleiben. Es gibt immer Dinge, die verbessert werden können." Die nächsten Stationen auf dem Flug über die Wolken: Werder Bremen, Bayer Leverkusen und Aston Villa.

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