KOMPANYS RISKANTER PLAN

Enormes Pressing und Mann gegen Mann in der Verteidigung: Vincent Kompany hat den FC Bayern deutlich umgekrempelt. Doch funktioniert das auch gegen Leverkusen & Co.?

Eine Tormaschine war der FC Bayern schon oft in seiner langen Geschichte. Das 9:2-Schützenfest gegen Dinamo Zagreb entstand aber auf eine Art, die im Münchner Kosmos ein Novum darstellt.

Während man sich gegen tiefstehende Gegner einst mit Kreativität Richtung Tor bewegte, erfährt das Spiel des Rekordmeisters unter Vincent Kompany eine neue Prägung: Mit Vollgas ins Risiko!

Der Belgier hat seinem Team eine klare Marschrichtung an die Hand gegeben, die seine Schützlinge bisher glänzend umsetzen. Die Säulen des Kompany-Fußballs: frühes Anlaufen des Gegners, enormes Pressing und hohes Verteidigen. Obendrein wird hinten Mann gegen Mann verteidigt.

Kompany-Plan geht auf

Im Bundesligaspiel bei Holstein Kiel und in der Champions League gegen Zagreb ging der Plan voll auf. 15 Tore in zwei Spielen sprechen eine klare Sprache. In beiden Partien zwang Bayern den Gegner tief in dessen Hälfte zu Fehlern und nutzte diese eiskalt aus.

„Die Jungs nehmen das auf, was Vincent von ihnen fordert. Er fordert Aktivität, er managt das sehr, sehr gut. Er nutzt die ganze Breite des Kaders“, sagte Sportvorstand Max Eberl nach der Partie gegen die Kroaten.

Dass die Bayern für ihr Vollgas-Anrennen entsprechend hoch verteidigen, ist nur folgerichtig, wirkt dabei aber oftmals riskant. Minjae Kim und Dayot Upamecano mussten sich bei weiten Bällen in die Tiefe auf ihre jeweilige Schnelligkeit verlassen – was ihnen besonders in der ersten Halbzeit hervorragend gelang.

Und in höchster Not stand ohnehin Manuel Neuer parat, der seine Rolle wieder deutlich mitspielender interpretiert, als das noch unter Thomas Tuchel der Fall war. Auf Nachfrage von SPORT1 bestätigte der Kapitän, dass er jetzt wieder häufiger den „Sweeper Keeper“ gebe.

Eberl vom Kompany-Stil begeistert

Kompany hat das hohe Verteidigen und das Spiel Mann-gegen-Mann ins Extreme getrieben – mit einer Konsequenz, die beeindruckt. Ein Weg, von dem auch Eberl überzeugt ist.

„Ich mag die Spielweise. Es sind klare Verantwortlichkeiten. Wenn du dich tief fallen lässt, schiebt jeder die Verantwortlichkeit auf den anderen“, sagte der Sportvorstand auf Frage von SPORT1 und fügte hinzu: „Ich mag das hohe Verteidigen. Du musst als Mannschaft laufen, dem anderen helfen.“

Dass Kompanys Plan gegen Top-Gegner wie Bayer Leverkusen, auf das die Bayern bereits in eineinhalb Wochen treffen, ein zu großes Risiko darstellen könnte, glaubt Eberl derweil nicht. Große Anpassungen an den Gegner hält er für überflüssig.

„Wir machen die Art des Spiels nicht vom Gegner abhängig. Es wäre ja absurd, sich gegen härtere Gegner nur hinten reinzustellen. Das wäre nicht Bayern München“, erklärte Eberl und kündigte an, dass das Spiel der Bayern im Grundsatz gleich bleiben werde.

Bei näherer Betrachtung wird immer deutlicher, warum es zu der Entscheidung kam, Matthijs de Ligt abzugeben. Das hohe Verteidigen ist nicht die Stärke des Niederländers.

In Sachen Schnelligkeit hatte er in der vergangenen Saison das Nachsehen gegenüber der mannschaftsinternen Konkurrenz um Upamecano, Kim und sogar Eric Dier. De Ligt stand als „Turm in der Schlacht“ eher für eine Art Heldenfußball, der von Kampf geprägt ist.

Müller gefällt der neue Ansatz

Derart riskant in der Defensive zu agieren, hat auch mit der Überzeugung der Bayern zu tun, immer in der Lage zu sein, ein Tor mehr als der Gegner zu erzielen. So sieht es jedenfalls Thomas Müller.

„Ich glaube, bei all dem Risiko, das man hineininterpretieren kann, werden wir auch in Zukunft aus diesen Pressing-Situationen mehr Tore erzielen, als wir kassieren. Wenn du vorne fünf (Tore; Anm. d. Red.) schießt durch hohes Pressing und hinten mal eines kassierst, weil du hoch stehst, ist das immer noch ein guter Deal“, sagte der Routinier am Dienstag zu SPORT1.

Eine Aussage, die auch auf dem Glauben fußt, dass Kim und Upamecano weiterhin so diszipliniert auftreten wie in der ersten Hälfte gegen Zagreb.

„Wir haben natürlich sehr schnelle Verteidiger. Dementsprechend muss da erst mal einer kommen, der das ganze durchbricht. Wenn du genug Druck auf dem Ball hast, kannst du theoretisch drei Mann völlig frei stehen lassen. Das ist die Theorie“, erklärt Müller weiter und macht damit deutlich, dass der mutige Plan nur dann aufgehen könne, wenn auch die Offensive entsprechend mitarbeitet.

Das war in den bisherigen Partien der Fall. Das 9:2 könnte also nur der Anfang einer Reihe von Schützenfesten für die Bayern sein.

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